Regressforderung bei der Versicherung Inter Polska
Nun blieb mir keine andere Wahl mehr, als einen polnischen Anwalt zu nehmen. Vor diesem Schritt hatte ich mich gefürchtet: Bisher waren keine Geldausgaben angefallen, doch ab jetzt musste ich investieren, und zwar mit äußerst unsicherem Ausgang. War es klug, diese Sache weiter zu verfolgen? Warf ich meinem guten Geld nicht schlechtes hinterher? Das Herz blutete mir, als ich den ersten Vorschuss an meinen neuen Anwalt überwies. Doch ungebrochen war meine Entschlossenheit, die Klinik auf keinen Fall davonkommen zu lassen. Auch baute ich auf die Klarheit des Falles: Die Beweise waren so eindeutig, der Pfusch so schlüssig dokumentiert, dass ich mir zutraute, jedes Gericht zu überzeugen.
Die Kernfrage war: Wen sollte ich verklagen? Die Zahnärztin, die den Pfusch verursacht hatte? Die Besitzer der Klinik, in der sich das abspielte, also in meinem Fall die Cercon-Schumann-Gruppe? Wahrscheinlich wäre das besser gewesen, denn einer dieser Besitzer war Deutscher, so dass ich die Sache vielleicht auf deutschem Terrain hätte abwickeln können. Doch mein Anwalt schlug mir vor, zunächst die Versicherung der beiden polnischen Zahnärzte in Regress zu nehmen. Das sei kostengünstiger und werde im Erfolgsfall den Gerichtsprozess vermeiden. Ich stimmte dem Vorschlag arglos zu, nicht ahnend, worauf ich mich da einließ. Die zuständige Versicherung Inter Polska, die europaweit Versicherungen für medizinisches Personal anbietet, entwickelte bei der Bearbeitung des Regressantrags eine Bürokratie, gegen die sich selbst der berühmte deutsche Amtsschimmel wie ein harmloses Pony ausnahm: Da musste die gesamte Zahnbehandlung, auf deutscher wie auf polnischer Seite, lückenlos dokumentiert und übersetzt werden, ganze Stöße von Fragebögen wurden geschickt, selbstverständlich alle auf polnisch, und auf polnisch waren sie von mir auch auszufüllen. Zum Glück hatte ich eine polnische Freundin, die mir bei der Übersetzung half, sonst wäre ich allein schon an der Bürokratiehürde gescheitert.
Die Prüfung des Regressantrags erwies sich als Farce mit vorprogrammiertem Ergebnis. Ein „Gutachten“ wurde in Auftrag gegeben, und das gelangte zufällig genau zu dem Schluss, den sich die Inter Polska wünschte: Es war alles in Ordnung, kein Ärztepfusch lag vor. Der „Gutachter“ hatte sich nicht die Mühe genommen, mich und meinen Zahnstatus zu untersuchen, aber offenbar hatte er ausführlich mit der Gegenseite gesprochen und gab zum Teil wörtlich die Statements wieder, die von der beklagten Zahnärztin zu dem Fall abgegeben worden waren. Die Regressforderung wurde abgewiesen.