Schuldig bei Verdacht
Warum? Warum diese ausschließliche, unerschütterliche Fixierung auf ein vorprogrammiertes Ergebnis, die keinen Raum für Bedenken oder Prüfungen ließ? So von Grund auf überzeugt war man von meiner Schuld, dass man auf Gegenargumente oftmals gar nicht einging, sie gleichsam zu überlesen schien. Dagegen brauchte Aladin genau wie sein märchenhafter Namensvetter nur die Lampe zu reiben, und die Geister der Justiz standen ihm zu Diensten. War vor diesem Gericht pauschal jeder schuldig, wenn er nur in den Verdacht einer Urheberrechtsverletzung geriet? Lag es daran, dass der Abmahnanwalt, zumindest eine Zeitlang, einer renommierten Kölner Anwaltkanzlei angehörte, die im Internet und in den Medien stark präsent war, und zwar stets in edelmütigster Pose als Verteidiger der Abgezockten? Oder ließen sich die Richter von politischer Korrektheit leiten? Ich werde es wohl nie erfahren.
Erbittert durch die offenkundige Bevorzugung der Gegenpartei, ließ ich mich zu einem Schritt hinreißen, der vermutlich meine Lage noch verschlimmerte: Ich stellte gegen den Vorsitzenden Richter der für meinen Fall zuständigen Kammer des Landgerichtes Köln Ablehnungsantrag wegen Befangenheit, legte dar, dass ich systematisch benachteiligt und persönlich kriminalisiert worden sei, und bat nochmals um die Abgabe des Falles zu meinem eigenen Wohnsitz, damit ich wenigstens die Chance auf einen fairen Prozess bekam – eine Verzweiflungstat, vor der mein Anwalt mich warnte: Die Richter könnten es „auf den Tod nicht ausstehen“, wenn eine Privatperson sich erdreiste, ihre Handlungsweise zu kritisieren. Und selbstverständlich behielt er Recht: Mein Antrag wurde ein halbes Jahr verschlampt und schließlich kostenpflichtig abgewiesen, ohne dass sich das Gericht die Mühe nahm, näher auf mein Anliegen einzugehen. Die „dienstliche Äußerung“, zu der der Richter laut Gesetz im Falle eines Ablehnungsantrags verpflichtet war, beschränkte sich auf den salomonischen Satz: „Der Verfahrensablauf ergibt sich aus der Akte.“ Ob der Mann auf jeden Ablehnungsantrag mit solch offenem Hohn reagierte oder empfand er meinen als besonders dämlich?
Ende Mai 2015 wurde das Gesamturteil verkündet, das genauso ausfiel, wie es ausfallen musste: Das Landgericht Köln gab der Klage statt und bürdete mir die Kosten des Gerichtsverfahrens auf. Dabei wurde der Streitwert noch einmal verdoppelt und belief sich schließlich auf fast 40.000,-- Euro - wesentlich mehr, als nach meinen Recherchen in vergleichbaren Fällen gefordert werden darf, was vermutlich auf die Verärgerung der Richterin über meinen dreisten Ablehnungsantrag zurückzuführen ist. Aus meiner Sicht spielt das schon keine Rolle mehr, denn die Kosten wären selbst bei fairer Bemessung existenzvernichtend für mich gewesen. Mein Kleinverlag, mein Besitz, mein Erbe, alles gehört jetzt der Vergangenheit an. Der geringste Teil der Beute wird Aladin E. zufließen; den Löwenanteil streichen, wie stets in solchen Fällen, die beiden beteiligten Anwälte ein. Sie sind die wahren Gewinner des Prozesses.
Und die Moral von der Geschicht? Wenn ihr ein fremdes Bild verwenden wollt, fragt besser den Urheber nicht um Erlaubnis. Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß; doch wenn er eine erteilte Erlaubnis später leugnen oder anfechten will, so werden deutsche Juristen immer einen Formfehler finden, der sie ungültig macht.
Hinweis: Leider kann ich im Rahmen dieses Artikels nicht die Bilder präsentieren, die für den Prozess relevant waren; sonst trete ich gleich den nächsten Rechtsstreit los. Doch jeder, der sich vom Wahrheitsgehalt dieses Berichtes überzeugen will, ist eingeladen, mich privat zu kontaktieren und die anonymisierten Akten des Prozesses einzusehen.