Honorar? Fehlanzeige
Der Abverkauf meiner Kalender gestaltete sich entsprechend dürftig – teilweise auch durch meine eigene Schuld, denn ich hatte nach dem Flop meines Experiments nur noch lustlos und viel zu spät geworben. Die Margen bei Calvendo sind gering: Ein Kalender, der im Handel 19,90 € kostet, bringt seinem Autor die gigantische Summe von 2,36 € ein. Um noch eins draufzusetzen, hat Calvendo verfügt, dass Autorenhonorare überhaupt erst dann ausgezahlt werden, wenn sie 30 € überschreiten – eine Festlegung, die meines Erachtens sowohl geschäftlich als auch moralisch hart an der Grenze des Erlaubten ist. Doch sie dürfte Calvendo eine ganze Menge Geld eintragen, denn dem Vernehmen nach gibt es nicht viele Kalender, deren Verkaufszahlen das Limit erreichen. Auch ich kam über ein Gesamthonorar von 12,92 € nicht hinaus und gehöre damit zu den Calvendo-Autoren, die finanziell vollständig leer ausgehen.
Nachtrag: So war jedenfalls der Stand der Dinge, als ich Ende Januar meinen Account bei Calvendo löschte. Ende März allerdings blühte mir eine freudige Überraschung: Ich erhielt von Calvendo eine Abrechnung, die sich erheblich von der in meinem Account unterschied, und darf mich nun über insgesamt 59,85 € freuen.
Mein Calvendo-Experiment ist also in jeder Hinsicht gescheitert. Ich weiß, dass ich nicht die Richtige bin, den Stab über Calvendos Verlagskonzept zu brechen. Die Kalender die ich produziere, sind bei Calvendo definitiv falsch, und das hat erst mal gar nichts mit Niveau oder Kunstgeschmack zu tun. Das Portal ist zugeschnitten auf Fotografen, die einfach zwölf thematisch zusammenhängende Bilder aneinanderreihen und als Kalender vermarkten wollen. Kalenderdesign im eigentlichen Sinne ist zwar möglich, aber nicht wirklich vorgesehen und in der Praxis wohl eher selten. Die in diesem Bericht genannten Probleme, die ich selbst mit Calvendo hatte, betreffen also vordergründig nur die wenigsten Kalenderautoren.
Trotzdem zeigt sich auch an meinem Beispiel die ganze Fragwürdigkeit dieses Geschäftsmodells. Calvendo versucht, modernes Selfpublishing und klassisches Verlagswesen zu verbinden; insofern ist es selbst ein Experiment, und eins, das meiner Ansicht nach auf lange Sicht nicht gut gehen kann. Im Grunde bleiben dabei die Vorteile beider Verlagsformen ungenutzt, während sich die Nachteile potenzieren: Zur Unsicherheit des Selfpublishing kommen die rigiden hierarchischen Strukturen des herkömmlichen Verlagswesens. Was für Kalenderautoren sollen das sein, die bei Calvendo glücklich werden? Für die Profi-Fotografen ist das Konzept schon aus finanziellen Gründen wenig attraktiv; sie werden leicht ersprießlichere Wege finden, um ihre Kalender an den Mann zu bringen. Den fotografischen Laien aber, die sich einfach nur mal ausprobieren wollen, setzt Calvendo hohe Hürden durch seine Ansprüche und seinen Bevormundungsdrang. Im Spagat zwischen dem geforderten „durchgängig professionellen Niveau“ und der strikten Orientierung auf „Verkäuflichkeit“ bleiben sowohl die künstlerische Freiheit als auch die Verdienstchancen auf der Strecke. Nur wer strikt in dem engen Rahmen der Calvendo-Vorgaben agiert und sich dazu noch gut zu vermarkten weiß, kann bei Calvendo Geld verdienen.
Natürlich gibt es immer noch den Eigenbedarf: Auch abgelehnte Projekte kann man bei Calvendo drucken lassen, und das in ausgezeichneter Qualität. Kalender sind immer ein schönes Geschenk, und wer Tante Jutta zu Weihnachten mit einem selbst gestalteten lokalen Landschaftskalender beglücken will, ist bei Calvendo gut bedient. Wenn allerdings der ganze Sportverein Exemplare davon bekommen soll, könnte die Sache schon ins Geld gehen.