"Verbirg, was du liebst, sonst wird es dir genommen – diese Lehre hat Rigoletto, der verkrüppelte Hofnarr des Herzogs von Mantua, schon in jungen Jahren verinnerlicht. Argwöhnisch hält er seine Tochter Gilda von dem lasterhaften Hofstaat fern, ohne zu bedenken, dass er dadurch erst recht des Herzogs Neugier auf sie lenkt…“ (Klappentext)

Die Gestalt des Hofnarren, wie sie durch das frühe Mittelalter geprägt worden ist, zählt zu den sonderbarsten Phänomenen der Geschichte. Possenreißer und Künder der Wahrheit, Geisteskranker und heimlicher Weiser, Zerrspiegel und aufmüpfiger Widerpart des Herrschers – wer sich mit der komplizierten, immer neuen Abwandlungen unterworfenen Dialektik des Narrentums befasst, wird einen selten tiefen Blick in die Seele des Mittelalters tun.

Die „Rigoletto“-Geschichte freilich entstand viel später, im 19. Jahrhundert, dem Zeitalter verklärender Romantik und Sentimentalität. Victor Hugo, stets fasziniert von pittoresken Figuren und krassen Abgründen, wählte für sein Drama „Le roi s'amuse“ den bekannten Hofnarren Triboulet, der am Hofe Franz I. lebte, zum Helden bzw. zum Objekt aufgeklärt-bürgerlichen Mitgefühls. Die Geschichte vom verkrüppelten Hofnarren und seiner vom König verführten Tochter ist so überkonstruiert und verstiegen, dass sie unterhalb jeder Kritik rangiert – und doch zugleich so böse und so herzzerreißend, dass man es Verdi danken muss, sie mit seiner Musik geadelt und vor dem Vergessen bewahrt zu haben.


Aus Zensurgründen verlegte er das Drama nach Mantua, einen Ort, den vielleicht nur der Zufall wählte, der jedoch ganz ausgezeichnet in den Kontext der Handlung passt; denn diese Stadt, die im Mittelalter zu den ersten Oberitaliens zählte, wurde durch den – auch moralischen – Verfall der dort regierenden Herzogdynastie herunter gebracht und ihrer Schätze beraubt. Inzwischen ist sie nachgerade amtlich zum Schauplatz des „Rigoletto“ geworden – ein Punkt, der auch touristisch eine nicht geringe Rolle spielt.

Ich habe mich beim Schreiben wenig um die Zeitabläufe gekümmert, so dass die Novelle, was die historischen Hintergründe anbelangt, völlig eklektizistisch geworden ist. Mich überraschte und faszinierte zum einen die fast modern anmutende Härte und Bitterkeit der Geschichte - welch ein Kontrast zu dem gefühlvollen Maskenball! - und zum anderen die intellektuelle, ja philosophische Dimension des Stoffes, in dem ich anfangs lediglich ein triviales Rührstück gesehen hatte. „Rigoletto“ ist nicht nur die umfangreichste, sondern auch die anspruchsvollste der drei Opernballaden geworden.