"Zwei Männer, die um die Liebe einer schönen Frau rivalisieren – und in der Folge schäumende Leidenschaften, Ränke, Entführung, Verrat und Mord. Das ist die Welt der Großen Oper, der Stoff, aus dem Giuseppe Verdi seine musikalischen Einfälle schöpfte. Aber auch ohne Musik können Sie sich in diese aufregende Welt versenken. Tanja Stern hat in ihren "Opernmorden" die exaltierten Handlungen dreier Verdi-Opern eigenwillig interpretiert und dafür eine Form gefunden, die sich an die klassischen Novellen des 18. Jahrhunderts anlehnt." (Klappentext)
Die Idee für diese Arbeit verdanke ich Hans Neuenfels, dessen verrückte, furiose, blasphemische „Troubadour“-Inszenierung Mitte der 1990er Jahre an der Deutschen Oper Berlin für Aufregung sorgte. Im Chaos der Buh- und Bravo-Rufe dachte ich zum ersten Mal genauer über die Handlung des "Troubadour" nach und bekam plötzlich Lust auf eine kleine parodistische Etüde – eine Art erweiterte Inhaltsangabe, im Stil von Kleist und Schiller gehalten. Munter machte ich mich ans Werk, dessen Umfang ich auf etwa zehn Seiten taxierte.
Aber schon als ich an die Stelle gelangte, wo die alte Zigeunerin verbrannt wird, begriff ich allmählich dreierlei: erstens, dass die Arbeit schwierig war – noch niemals war mir das Drechseln von Sätzen derart sauer geworden wie bei diesem Stil. Zweitens, dass ich mit den geplanten zehn Seiten wohl nicht ganz hinkommen würde. Und drittens, dass die Geschichte nicht – oder jedenfalls nicht nur – komisch und parodistisch war. Es ist nicht komisch, wenn eine alte Frau verbrannt wird; wie immer man es schreibt, komisch ist es nicht.
Was ist es aber dann? Was hatte das Projekt für einen Sinn? Wer sollte sich im Zeitalter der Elektronik für Operngeschichten im Kleist-Stil begeistern?Und doch, ich hatte Blut geleckt. Sinn oder nicht, der Text erschien mir nicht übel. Wie so oft in meinem Leben verschob ich die Frage nach Verkauf und Abnahme in eine ungewisse Ferne. Ich konzentrierte mich ganz auf das Schreiben, und siehe, das Projekt zog ungeahnte Kreise. Noch bevor die erste Fassung des „Troubadour“ stand, war schon der „Maskenball“ an meinem Horizont erschienen; und hier erwies sich der gewählte Stil wie auch die Geschichte als ein wahrer Glücksfall. Noch heute lese ich diese Erzählung mit dem Stolz eines Schatzsuchers, der auf eine Goldader gestoßen ist. Und auf den Schwingen dieses Erfolges – wenn er auch nur innerlicher Natur war – vollendete ich dann, nun schon ein wenig routinierter, was die Technik anging, die Trilogie mit dem "Rigoletto".
Bei allen drei Novellen fiel mir das Schreiben unendlich schwer, fraß Jahre meines Lebens auf und führte mich mehrmals bis an die Grenzen meiner Leistungskraft. Und trotzdem war das eine Arbeit, die mich als Autorin wirklich glücklich machte - glücklicher als jede andere bisher. Kein Mensch kann sich vorstellen, wie gut es tut, endlich einmal "die Sau raus lassen" und ohne Rücksicht auf die Regeln und Barrieren des 21. Jahrhunderts aus dem Vollen fabulieren und erzählen zu dürfen!
Nachdem die drei Novellen schon 2004 und 2005 in Paperback-Einzelbänden erschienen waren (jeweils mit dem Übertitel "Opernballaden"), wagte ich mich Ende 2007 an eine gebundene Gesamtausgabe. Titel und Aufmachung lehnen sich an den Kalender "Die schönsten Opernmorde" an (gewiss ein seltener verlegerischer Fall, dass ein Kalender ein Buch inspiriert). Mag sein, dass "Opernmorde" reißerischer und weniger treffend klingt als "Opernballaden", aber es ist offenbar ein Titel, der die Leute aufhorchen lässt.