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Seit dem Megahit "Marmor, Stein und Eisen bricht" zählte Drafi Deutscher zu den ganz Großen im deutschen Schlagergeschäft. Er komponierte und sang Lieder, die wie zuckersüße Bonbons sind, und er genoss seinen Erfolg in vollen Zügen. Doch immer wieder war sein Leben überschattet durch Flops und medienträchtige Skandale.
Seine Lieder sind wie zuckersüße Bonbons – man darf nicht zuviel davon nehmen, doch bisweilen, wenn der Gaumen in Stimmung ist, schmecken sie erstaunlich gut. Sie haben auch über die Jahrzehnte nichts von ihrer Süßigkeit verloren. Noch immer grölen die Kids, ganz wie in meiner Schulzeit, auf ihren Parties „Marmor, Stein und Eisen bricht“. Keine Oldie-Nacht, keine Schlagersammlung, auf der Drafi Deutscher nicht vertreten ist.
Er stammt aus einfachsten Verhältnissen. Seine Mutter, allein erziehende Krankenschwester in Berlin, hatte Mühe, die Familie durchzubringen. Sein Vater jedoch, den er nie kennen lernte, soll ein Verwandter des berühmten Operettenkomponisten Emmerich Kalman gewesen sein. Das wird zwar bezweifelt, aber sicher ist, dass der Junge „Musik im Blut“ hat. Schon als Jugendlicher tritt er in Nachwuchs-Shows und Talentwettbewerben auf; später tingelt er mit einer Band durch die Lande. Der begabte Junge braucht nicht lange auf seine Entdeckung als Sänger zu warten: Er ist gerade achtzehn, als er mit „Shake Hands“ einen ersten Hit landen kann, und als 1965 „Marmor, Stein und Eisen bricht“ herauskommt, ein Mega-Hit, der alle Rekorde bricht und in der englischen Version sogar bis in die US-Charts gelangt, ist Drafi Deutscher ein gemachter Mann.
Ein rasantes Leben auf der Höhe des Erfolges beginnt: Tourneen, Live-Auftritte, Medientrubel. Mit unermüdlicher Produktivität komponiert und singt Drafi immer neue Lieder. Einige floppen, doch die meisten werden langlebige Hits. Auch im Privatleben des Sängers gibt es Tops und Flops. Drafi Deutscher ist kein Kind von Traurigkeit. Er wirft mit Geld um sich, lässt keine Party aus, spricht mit Eifer dem Alkohol zu. Mehrmals im Verlaufe seiner Karriere kommt es zu spektakulären Skandalen, die von der Regenbogenpresse genüsslich ausgeschlachtet werden. 1966 uriniert er während einer wilden Party stockbesoffen aus dem Fenster seiner Wohnung. Schockierte Bürger zeigen ihn an. Sie stützen ihre Anklage vor allem darauf, dass Kinder in der Nähe waren – um Gottes Willen, die lieben Kleinen haben Drafis Gemächt gesehen! Unter viel medialem Gekreische wird er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, und als ihm auch noch das Finanzamt Steuerhinterziehung vorwirft, kann er seine junge Karriere gleich für mehrere Jahre vergessen.
Aber er rappelt sich wieder auf: Unter diversen Pseudonymen schreibt er Schlager für Kolleginnen und Kollegen, er singt mit ihnen Duette, dreht Filme, nimmt Hörbücher auf und zieht sich immer neue Connections an Land. Nicht lange, und er spielt wieder in der ersten Liga der deutschen Schlagerstars mit. Mit „Guardian Angel“ gelingt ihm 1983 ein weiterer Mega-Hit. Doch Ende der 1980er Jahre gerät er abermals in die Schlagzeilen der Regenbogenpresse, als er seiner zweiten Frau, der Sängerin Isabell Varell, öffentlich vorwirft, ein lesbisches Verhältnis zu haben. Dieser Mann, der auf der Bühne ein solch feines Gespür für den richtigen Ton hat, lässt in seinem Privatleben immer wieder hässliche Misstöne zu.
In seinen letzten Lebensjahren wird es ruhiger um ihn. Sein Stil ist nicht mehr gefragt, die Freunde machen sich rar, mehrere Ehen sind zerbrochen. Hinzu kommen gesundheitliche Probleme; das exzessive Leben fordert seinen Preis. Schon mit Anfang Fünfzig erleidet Drafi Deutscher Schlaganfälle, Herzinfarkte und physische Zusammenbrüche. Hinzu kommt Diabetes mellitus. 2006 stirbt er, gerade 60 Jahre alt, an den Folgen einer Lungenentzündung.
Genießen Sie hier mit "Hast du alles vergessen?" einen zuckersüßen Schlagerbonbon von 1965 mit klassischem Anfang und rockigem Ende und denken Sie dabei an das bunte Achterbahn-Leben des Drafi Deutscher.
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