Ihr Leben verlief wie ein Groschenroman. Einfach alles darin war hochdramatisch: ihre Karriere, ihre Männergeschichten, vor allem aber ihre Wechselbäder zwischen rauschendem Erfolg und tiefster Depression.
Yolanda Gigliotti, die schon früh den Künstlernamen Dalida annahm, entstammte einer italienischen Familie, wuchs jedoch in Kairo auf. Hinter dem Rücken ihrer katholischen Eltern nahm das hübsche, ehrgeizige Mädchen früh an Schönheitswettbewerben teil und wurde mit 21 Jahren zur Miss Ägypten gewählt – Türöffner für glänzende Karrierechancen. Dalida wurde als Model engagiert und trat in kleineren Filmrollen auf. Als sie 1954 nach Paris ging, schwebte ihr eine Laufbahn als Schauspielerin vor. Doch bald zeigte sich, wo ihre wahre Stärke lag: Sie hatte eine schöne, sinnliche, modulationsfähige Stimme.
Schon mit ihren ersten Gesangsauftritten fiel sie dem Programmdirektor eines großen Radiosenders auf – als Sängerin wie auch als Frau. Mit der Sängerin schloss er einen Plattenvertrag, mit der Frau trat er vor den Traualtar. Der Plattenvertrag erwies sich als Volltreffer, der den Produzenten sehr viel Geld und Dalida für das Lied „Bambino“ ihre erste Goldene Schallplatte einbrachte. Die Ehe dagegen war nur mäßig erfolgreich: Schon nach wenigen Monaten brannte die Gattin mit einem jungen Maler durch. Auch dieses Glück hielt nicht lange vor, doch der Maler blieb zumindest am Leben, was man nicht von allen Männern Dalidas behaupten kann. Dramatisch endete etwa ihre Beziehung zu dem Komponisten und Sänger Luigi Tenco. 1967 nahmen die beiden am Schlagerfestival in San Remo teil. Dalida sang das von Tenco komponierte Lied „Ciao amore ciao“, das aber nach dem Votum der Jury nicht ins Finale aufgenommen wurde. Daraufhin jagte sich Tenco in seinem Hotelzimmer eine Kugel in den Kopf.
Dalida versank in Depressionen, unternahm einen Selbstmordversuch. Über Monate war sie in psychotherapeutischer Behandlung; später bereiste sie fernöstliche Länder, um Ruhe in der Meditation zu finden. Erst nach vierjähriger Pause fühlte sie sich in der Lage, wieder vor Publikum aufzutreten. Die Saalmiete für ihr Konzert musste sie aus eigener Tasche bezahlen, denn kein Manager glaubte an das Comeback einer Ikone aus den 1950er Jahren, die psychische Probleme hatte und nicht mehr die Jüngste war. Doch Dalidas Auftritt wurde ein überwältigender Erfolg. Und wieder blieb ihr das Glück über Jahre treu, mit großen Nummer-Eins-Hits, umjubelten Tourneen, mehreren Goldenen und sogar einer Platinschallplatte. Natürlich gab es auch wieder einen neuen Mann an ihrer Seite: Richard Chanfray, einen Maler und Sänger, mit dem sie es immerhin neun Jahre aushielt. Dann kam es zur Trennung, und zwei Jahre später endete auch Chanfray durch Selbstmord.
In den letzten Jahren stand eine andere Dalida auf der Bühne: nicht mehr die fröhliche, charmante Italienerin, die mit dem kessen „Bambino“ das französische Publikum erobert hatte, sondern eine gereifte, leiderfahrene Frau mit honigblond gefärbtem Haar und mit einem elegischem Blick, aus dem das Wissen um die Vergänglichkeit des Ruhms, der Jugend und der Liebe sprach. „Ich malte und frisierte mich ein bisschen mehr auf jugendlich“ heißt es in ihrem berühmten Lied „Er war gerade 18 Jahr“, das in Deutschland sogar noch erfolgreicher war als im französischen Original. Es ist die Geschichte eines One-Night-Stands zwischen einer alternden, hoffnungslos verliebten Frau und einem Jungen, der Sex nur als Sport nimmt. Das Lied wirkt heute fast entblößend, was die Persönlichkeit der reiferen Dalida betrifft: Trotz aller äußeren Erfolge scheint sie mit dem Altern und mit den Wunden der Vergangenheit nicht klar gekommen zu sein. Am 3. Mai 1987 brachte sie sich, 54jährig, mit einer Überdosis Schlaftabletten um. In ihrem Abschiedsbrief hieß es, das Leben sei ihr „unerträglich“ geworden. Hören Sie hier „Er war gerade 18 Jahr“ – den melancholischen Abgesang einer Vielgefeierten und Vielgeliebten.
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