Freddy QuinnFreddy Quinn war in den 1950er Jahren ein gefeierter Schlagerstar. Seine Lieder handelten von einsamen Männern, die durch die Welt vagabundieren. 1966 landete er seinen letzten Nummer-Eins-Hit mit "Hundert Mann und ein Befehl", der deutschen Version eines amerikanischen Soldatenliedes.  

Zuerst war es nur ein ganz gewöhnliches amerikanisches Soldatenlied: „The Ballad of the Green Berets“. Sergeant Barry Sadler sang es 1966, eines jener Hohelieder auf die tapferen Jungs in Uniform, die der Europäer als bieder, offiziell und immer auch ein wenig penetrant empfindet. Doch das wurde anders, als sich Freddy Quinn der Sache annahm, damals das Urgestein des deutschen Schlagers, obwohl er von Haus aus Österreicher war und etliche Jahre seines Lebens in den USA verbracht hatte.

Seine Jugend war turbulent verlaufen: Kriegswirren, weite Reisen, Gelegenheitsjobs – Freddy Quinn hat das Vagabundenleben zwischen Freiheit und Einsamkeit, das er später in seinen Liedern besang, am eigenen Leibe weidlich ausgekostet. Schon den jungen Freddy zog es machtvoll zur Musik: Er spielte Gitarre, Klavier und Saxophon; vor allem aber hatte er eine angenehme Baritonstimme, die in den Bars von Algier genauso gut ankam wie in den Kaschemmen von Rotterdam. Doch seinen Durchbruch hatte Freddy Quinn in Deutschland: Um die Mitte der 1950er Jahre wurde er von einem Talentscout entdeckt und feierte Triumphe mit deutschen Versionen erfolgreicher englischsprachiger Schlager.

 

Aus „Sixteen Tons“ wurde „Sie hieß Mary Ann“, und Dean Martins „Memories Are Made of This“ erlebte eine neue Karriere als „Heimweh“. Von da an folgte Hit auf Hit – markige Lieder von einsamen Wanderern, die in der weiten Welt das Abenteuer suchen. Der Seemann, dem nach dem Verlust seiner geliebten Juanita nur noch „die Gitarre und das Meer“ bleiben, verkaufte sich genauso glänzend wie die Mutter, die am Pier steht und „Junge, komm bald wieder!“ seufzt. Freddy Quinn trat im Fernsehen auf, spielte in Unterhaltungsfilmen mit und vertrat Deutschland beim Grand Prix. Über Jahre und Jahrzehnte zählte er zu den ganz Großen im Showgeschäft. Seine Ehe freilich hielt er vor der Welt geheim: Ein verheirateter Mann, das passte nicht zum Seemanns- und Außenseiterimage, mit dem er sich durch seine Lieder umgab.

Sein letzter Nummer-Eins-Hit war die Ballade „Hundert Mann und ein Befehl“, die deutsche Version der bereits erwähnten „Ballad of the Green Berets“. Für deutsche Versionen hatte Freddy ein Händchen. Oftmals klangen sie sinnlicher und eindringlicher als das Original. In „Hundert Mann und ein Befehl“ nimmt er auch inhaltlich eine Akzentverschiebung vor, die dem steifen Original nur gut tut: Er schneidet die ewige Figur seines Lebens, den einsamen Wolf in der weiten fremden Welt, auf den militärischen Rahmen zu. Auch seine Version ist ein Soldatenlied; doch der Soldat, um den es hier geht, ist nicht der Teufelskerl, der mit seinen Kameraden in verschworener Gemeinschaft für die Heimat kämpft, sondern ein verlorener, heimatloser Outlaw, der „irgendwo im fremden Land“ umherirrt, der gar nicht weiß, wofür er kämpft und was er überhaupt dort soll. Ist das ein verkappter Antikriegssong? Oder eine traurige Landserballade? Von beidem klingt unbestimmt etwas an, doch am Ende bleibt es bei den Handlungselementen, die wir aus unzähligen Freddy-Songs kennen: der Mann als Fremder im feindlichen Leben, das Mädchen, das sich daheim die Augen ausweint, das Schicksal, das zuschlägt, und die Krähen, die schreien. Wer fragt dem Tiefsinn eines Schlagers nach. Es bleibt trotzdem ein hörenswertes altes Lied.

Freddy Quinn: Hundert Mann und ein Befehl (1966)

 

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