Die Angebote für Zahnzusatzversicherungen hören zwar gut an, haben aber ihre Tücken. Denn wenn tatsächlich eine größere Zahlung ansteht, konstruieren die Versicherungen gern einen Grund zu, um nicht zahlen zu müssen.  

Manch einer spielt mit dem Gedanken an eine Zahnzusatzversicherung, um sich gegen die horrenden Kosten abzusichern, die im Fall einer größeren Zahnbehandlung drohen. Die Versicherungen locken mit niedrigen Beiträgen und stellen großzügige Leistungen in Aussicht. Doch wer sich auf solch ein Lockangebot einlässt, sollte vorher wissen, dass die Leistungen an strenge Konditionen gebunden sind und dass den Versicherungen kein Trick zu schäbig ist, um eine Auszahlung zu vermeiden. In den einschlägigen Chats und Foren kann man dazu seitenweise die erbosten Kommentare von geprellten Kunden lesen. Und ich kann sie gut verstehen, denn auch ich gehöre zu denen, die hereingelegt worden sind.

Über mehrere Jahre hatte ich Beiträge für eine Zahnzusatzversicherung der Ergo (damals noch Victoria) entrichtet. Dann trat der erste größere Versicherungsfall ein: Mein Unterkiefer musste komplett saniert und prothetisch neu versorgt werden. Also schickte ich den Heil- und Kostenplan, der eine stattliche Selbstbeteiligung vorsah, an die Ergo und bat um Kostendeckung. Die Antwort war ein Schreiben mit umfangreichen Anlagen: Die Ergo bat mich um Verständnis, dass vor einer Kostenzusage die Lage gründlich überprüft werden müsse. Ich möge doch bitte alle Zahnärzte nennen, bei denen ich während der vergangenen zehn Jahre in Behandlung gewesen sei, und diese von ihrer Schweigepflicht entbinden. Na schön, dachte ich, sollen sie ruhig prüfen. Schließlich hatte ich nichts zu verbergen. Artig zählte ich alle meine Zahnärzte auf und unterschrieb für jeden Einzelnen die vorgedruckten Erklärungen zur Entbindung von der Schweigepflicht. Doch meine Artigkeit wurde schlecht belohnt, denn sie lieferte der Versicherung den Grund, meinen Antrag auf Kostenübernahme abzulehnen. Die fleißigen Ergo-Mitarbeiter ließen sich tatsächlich sämtliche Patientenakten der vergangenen zehn Jahre vorlegen, und in einer fanden sie, was sie suchten. Irgendwann zu Anfang des Jahrtausends hatte ein Zahnarzt dort notiert: Neuversorgung Oberkiefer notwendig, später auch Neuversorgung Unterkiefer. Diese Notiz, von der ich gar nichts wusste, reichte aus, mir das Genick zu brechen. Obwohl es nie auch nur im Ansatz zu einer Unterkieferbehandlung gekommen war, interpretierte die Ergo den Vermerk als eine „begonnene Heilbehandlung“ und lehnte unter Berufung darauf eine Kostenbeteiligung an der jetzt tatsächlich notwendigen Neuversorgung ab.

Danach habe ich noch ein bisschen gestrampelt und versucht, das Ruder herumzureißen. So wandte ich mich beispielsweise an den Ombudsmann der Versicherungen. Der aber war der Allerschlimmste: In einem unverschämten Brief warf er mir vor, ich hätte eine begonnene Heilbehandlung verschwiegen und mich demzufolge strafbar gemacht. Eine Änderung des Bescheides wurde sowohl von ihm als auch von der Versicherung verweigert. Natürlich habe ich mich auch nach der Möglichkeit juristischer Schritte erkundigt. Doch ein Rechtsanwalt, dem ich die Sache vortrug, bedeutete mir, ich hätte keine Chance. Offenbar lässt es der Gesetzgeber zu, dass der Begriff der „begonnenen Heilbehandlung“ von den Versicherungen beliebig weit gefasst werden kann. Mir blieb nur übrig, die Versicherung wutschnaubend zu kündigen und mich zu hüten, jemals wieder eine neue abzuschließen.

Es scheint, dass sich in der letzten Zeit bezüglich dieser Problematik einiges geändert hat. Namentlich die Ergo wirbt neuerdings damit, dass sie auch im Fall einer begonnenen Heilbehandlung einspringt. Vermutlich wäre ich heute nicht mehr so ohne Weiteres abgeschmettert worden. Trotzdem ist weiterhin Vorsicht beim Abschluss von Zahnzusatzversicherungen geboten. Wie seriös die Angebote auch daherkommen, wenn es um größere Beträge geht, werden sich die Brüder einiges einfallen lassen, um nicht in Leistung gehen zu müssen. Und das Gesetz ist auf ihrer Seite.

 

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