Wer umziehen will und nicht das Geld hat, eine große, renommierte Spedition zu engagieren, begibt sch auf gefährliches Terrain: Zwar locken unzählige Umzugsfirmen mit Schnäppchenpreisen Kunden an, doch die Branche ist voll von schwarzen Schafen. 

Die Männer von der polnischen Umzugsfirma waren fleißig, flink und freundlich. Im Nu räumten sie die ganze Wohnung leer, verstauten die Einrichtung auf ihrem Laster, wobei sie sie fachkundig vor Transportschäden schützten, und das alles zum absoluten Schnäppchenpreis. Die Kundin freute sich, wie gut sie das Unternehmen ausgewählt hatte – günstiger und angenehmer kann man nicht umziehen. Schon ging es ab in die neue Wohnung.

Die Kundin fuhr in ihrem Pkw voraus, der polnische Laster hinterher. Doch als die Kundin ein paar Straßenzüge weiter in den Rückspiegel sah, spiegelte sich darin kein Laster mehr. Die fleißigen, flinken, freundlichen Männer waren dem Blickfeld der Kundin für immer entrückt, waren vermutlich bereits auf dem Weg nach Polen, und mit ihnen der gesamte Hausrat der Kundin, Möbel und Geräte, Bücher und Bilder, Lieblingslatschen und Erinnerungsfotos – alles, was Heim und Heimat ausmacht.

Nur selten handeln Umzugsbetrüger mit solcher Radikalität. Viel häufiger ist die Erpressungsmasche. Auch dabei wird zunächst mit einem Schnäppchenpreis gelockt, doch sobald das Umzugsgut verladen ist, verlangt der Spediteur plötzlich einen Preis, der um ein Vielfaches höher ist, als im Vorfeld mit dem Kunden vereinbart war. Begründungen dafür finden sich immer; meist werden Zusatzkosten geltend gemacht: ein unvorhersehbarer zusätzlicher Arbeitsaufwand, verkehrspolizeiliche Genehmigungen oder der Einsatz eines Außenlifts. Die Summe ist sofort und in bar zu entrichten. Wenn der empörte Kunde sich weigert zu zahlen, droht der Spediteur, das Umzugsgut einfach auf der Straße stehen zu lassen oder gar selber einzubehalten. Er weiß, dass er an diesem Punkt des Geschäfts den Kunden beziehungsweise dessen Hab und Gut im wahrsten Sinne des Wortes in der Hand hat. Die Polizei zu rufen, bringt nichts – die greift nur ein, wenn eine direkte kriminelle Handlung vorliegt. Und während der Kunde vom Gesetz nicht geschützt wird, hat der Spediteur in der Tat das Recht, das Umzugsgut bei Nichtzahlung einzubehalten.

Entsprechend rücksichtslos gehen die Umzugsbetrüger gegen ihre Opfer vor. Wer mit ihnen zu tun hat, wird sich fühlen, als sei er aus der Zivilisation gefallen und in irgendeinem Wilden Westen gelandet, wo einzig das Recht des Stärkeren gilt. Alle Höflichkeitsformen, die man üblicherweise im Umgang zwischen Auftragnehmern und Kunden pflegt, werden abgestreift wie eine Verkleidung, sobald der Kampf ums Geld beginnt, und der brave Bürger, der in einer Welt von Treu und Glauben lebt, wird diesen Kampf fast immer verlieren und zähneknirschend den Wucherpreis zahlen, den der Umzugsbetrüger verlangt.

Will er im Nachhinein juristisch dagegen vorgehen, hat er ebenfalls schlechte Karten. Selbst wenn nach jahrelangem teuren Rechtsstreit ein Urteil zugunsten des Kunden fällt, sind unseriöse Umzugsfirmen stets flexibel und für solche Fälle gerüstet: Sie wechseln, wenn es brenzlig wird, schnell mal den Wohnsitz und das Firmenschild, tauchen ab ins Ausland oder erklären sich für insolvent. Und das Geschäft läuft immer weiter – unter neuen Namen und mit neuen Opfern.

Die Leidtragenden sind die seriösen Spediteure, und das gleich in zweifacher Hinsicht: Erstens werden ihre Preise von den Umzugsbetrügern unterboten, so dass ihnen die Kundschaft schwindet. Und zweitens nimmt ihr Image Schaden, denn was die Umzugsbetrüger anrichten, spricht sich selbstverständlich herum und schlägt auf die ganze Branche zurück. Umzugstransporte sind ein riesiger, mit harten Bandagen umkämpfter Markt, und jedem, der ein großes Auto hat, steht es frei, dort mitzumischen. Während für andere Branchen strenge Regulierungen und Qualitätsmaßstäbe gelten, kann sich der Umzugsunternehmer frei entfalten – in jeder, aber auch wirklich jeder Richtung.

Warum gibt es keine Gesetze und Kontrollen, die den Kunden vor den schwarzen Schafen dieser gefährlichen Branche schützen? Ganz einfach: weil weder Politik noch Justiz diese Branche überhaupt auf dem Schirm haben. Wenn ein Gesetzesvertreter umzieht, engagiert er eine Edelspedition, überweist auf deren Konto den Rechnungsbetrag und hat den Eindruck, dass Umzüge in Deutschland so laufen. Mit dem Phänomen des Umzugsbetruges sind nur Geringverdiener konfrontiert, und gezielt an diese wenden sich die Billigangebote. In keinem Ratgeber zu diesem Thema fehlt der Hinweis, man möge doch um Gottes Willen lieber ein paar Euro drauflegen und dafür eine seriöse und renommierte Umzugsfirma engagieren. Aber das ist leicht gesagt. Umziehen ist ein kostspieliger Luxus, bei dem sich von allen Seiten Kosten türmen: Mietkautionen, Renovierungsaufwand, Möbelanschaffungen, Ummeldungen, auf Schritt und Tritt legt irgendjemand eine kleinere oder größere Rechnung vor. Was Wunder, wenn man da wenigstens die Transportkosten niedrig halten will, nicht weil Geiz geil ist, sondern weil man für eine teure Firma einfach nicht mehr das Geld hat. Also begibt man sich in den gefährlichen Dschungel der Billiganbieter und läuft Gefahr, Umzugsbetrügern in die Hände zu fallen.

Deshalb auch hier zum Schluss noch ein paar gute Ratschläge für den Umzug, wenn er denn preisgünstig sein muss: 

  • Bestehen Sie auf einem schriftlichen Vertrag und setzen Sie darin möglichst genau den Umfang der zu erbringenden Leistung fest. Lassen Sie keine Schlupflöcher für Zusatzleistungen und Eventualitäten.
  •  Lassen Sie sich nicht auf die in dieser Branche weit verbreitete Barzahlung ein! Ein seriöser Umzugsunternehmer wird gern damit einverstanden sein, dass der Betrag nach erbrachter Leistung auf ein Konto überwiesen wird. Wo nicht, ist das immer ein übles Zeichen.
  •  Ziehen Sie genaue Erkundigungen über das Unternehmen ein, mit dem Sie Ihren Umzug durchführen wollen. Und glauben Sie dabei auf keinen Fall den Bewertungen im Internet; die lassen sich nur zu leicht manipulieren, wie der in diesem Blog veröffentlichte Erfahrungsbericht einer Umzieherin zeigt. Nur persönliche Empfehlungen von vertrauenswürdigen Bekannten garantieren Seriosität. 

Und sollte Ihnen ein Billigumzug trotzdem zu gefährlich sein, während Sie für eine teure Spedition nicht das Geld haben, dann bleiben Ihnen immer noch zwei Alternativen: Entweder Sie stemmen Ihre Umzüge selbst, indem Sie friends and family aktivieren; oder Sie bleiben dort wohnen, wo Sie sind, und lassen sich mit den Füßen zuerst raustragen.

Achtung! Lesen Sie zum Thema auch den Erfahrungsbericht "Abenteuer Umzug".

 

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