Null-Prozent-Finanzierung? Nicht für mich.
Der Kauf eines neuen Notebooks war fällig, sogar ausgesprochen überfällig. Zum Glück lockte der MediaMarkt, im Sommer 2009 noch ziemlich allein auf weiter Flur, mit einer attraktiven Null-Prozent-Finanzierung, die das Abstottern größerer Summen in zehn bequemen Monatsraten erlaubte. Damit wollte ich das neue Notebook finanzieren, um kein größeres Loch in meine magere Haushaltskasse reißen zu müssen. Wochenlang studierte ich Prospekte, graste alle Berliner MediaMärkte ab, erwog und zauderte und verwarf. Doch eines Tages stand ich dann vor dem Objekt meines Verlangens: einem wunderschönen Notebook, dessen Leistung kaum einen Punkt auf meiner Wunschliste offen ließ und dessen Preis trotzdem halbwegs moderat war. Genau dieses und kein anderes wollte ich mein Eigen nennen!
Bereits im Vorfeld hatte ich mich vergewissert, dass auch Selbstständige in den Genuss der Null-Prozent-Finanzierung einbezogen waren, und so rief ich nun voller Zuversicht den nächsten freien Verkäufer herbei und bekundete ihm meinen Wunsch, das Notebook zu kaufen und abzustottern. Der Verkäufer, gleichfalls voller Zuversicht, öffnete in seinem Computer das dafür vorgesehene Formular und fragte die üblichen Angaben ab: In welcher Branche ich selbstständig sei? Wie viel ich etwa pro Monat verdiene? Wie lange ich schon in meiner Mietwohnung lebe? Und so weiter, was die Banken halt so wissen wollen.
Dann die böse Überraschung: Nur ein paar Sekunden, nachdem die Anfrage abgegangen war, erschien auf dem Monitor die Meldung, dass die Finanzierung abgelehnt werde. Der Verkäufer war darüber ebenso verdattert wie ich und wusste kaum, wie er mir das erklären sollte. Gewiss, die Finanzierung gelte grundsätzlich auch für Freiberufler, doch es gebe halt bankinterne Kriterien, auf die der MediaMarkt keinen Einfluss habe.
Ich zog also ohne Notebook von dannen und fragte mich mal wieder, womit ich das verdiente. War vielleicht mein Schufa-Eintrag nicht in Ordnung? Erst kürzlich hatte ich im Fernsehen einen Bericht über Leute gesehen, denen ohne ihr Wissen von bösartigen Gläubigern ein negativer Schufa-Eintrag beschert worden war und die daraufhin nirgendwo mehr Kredit bekamen. Ich holte bei der Schufa eine Selbstauskunft ein; doch nein, da war nichts Negatives zu sehen. Es gab keinen nachvollziehbaren Grund, mir eine Finanzierung zu verweigern. Es gab nur die absurde Furcht vor gering verdienenden Freiberuflern, denen weder Zahlungsmoral noch Zahlungsfähigkeit zugetraut wird und denen man darum das Leben noch schwerer macht, als es in ihrem Status ohnehin schon ist.
Das Notebook habe ich mir trotzdem gekauft – ja, beim MediaMarkt, und ja, auf Raten, mit eben der Null-Prozent-Finanzierung, die man mir nicht geben wollte. Glücklicherweise habe ich eine Schwester, die im öffentlichen Dienst beschäftigt ist. Die hat das Notebook für mich gekauft, und ihr wurde natürlich anstandslos die Null-Prozent-Finanzierung bewilligt. Ein Jahr lang zog die Bank ihr allmonatlich die Rate für mein Notebook ab, und allmonatlich überwies ich ihr den Betrag wieder zurück aufs Konto. Es war ein umständliches Verfahren, doch das einzige, mit dem ein Freiberufler eine Anschaffung auf Raten finanzieren kann.
Gut, meine Schwester kennt mich und weiß, dass ich bezahle, was ich schuldig bin. Das können die Banken natürlich nicht wissen. Doch die Selbstverständlichkeit, mit der sie davon ausgehen, dass Freiberufler nicht bezahlen, hat das schon etwas Beleidigendes. Demnächst plane ich einen Wohnungswechsel; doch was soll ich bloß sagen, wenn der neue Vermieter nach meinen beruflichen Verhältnissen fragt? Würde ich saufen oder kiffen, würde ich in der U-Bahn betteln, ja, dann hätte ich vielleicht eine Chance – aber als Freiberuflerin? Ich fürchte, bald werde ich diesem Bericht noch ein weiteres Kapitel hinzufügen können: Neue Wohnung? Nicht für mich.
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