Susanna Feldmann3. Susanna und Ali Bashar

Ali Bashar stammt als einziger der hier beschriebenen Mädchenmörder nicht aus Afghanistan, sondern aus dem nördlichen Irak, von wo er mit seinen Eltern und sieben Geschwistern schon im Oktober 2015 nach Deutschland eingereist und im Flüchtlingswohnheim Wiesbaden-Erbendorf untergekommen war. Sein voller Name lautet Ali Bashar Ahmad Zebari, doch in den deutschen Medien hatte man den zweiten Vornamen Bashar irrtümlich für seinen Nachnamen gehalten, so dass er als Ali Bashar in die Berichterstattung einging. Um Verwirrung zu vermeiden, will ich es im Folgenden dabei belassen.

Die zehnköpfige Familie Zebari hatte erst im Herbst 2016, also fast ein Jahr nach der Einreise, Anträge auf Asyl in Deutschland für alle ihre Mitglieder gestellt, die jedoch – mit einer Ausnahme – von den Behörden abgelehnt worden waren. Dagegen reichten die Zebaris Anfang 2017 Klage ein; die Begründung, hieß es, werde nachgereicht. Sie wurde aber niemals nachgereicht, und die Behörden mahnten weder nach noch wiesen sie die Klage ab. Also wohnten die Zebaris im Frühjahr 2018 noch immer im Flüchtlingswohnheim Wiesbaden-Erbendorf. Das Provisorium war zum Dauerzustand geworden.

Unter den zahlreichen Kindern und Jugendlichen, die das Wohnheim bevölkerten, hatte sich eine Clique herausgebildet, in der Ali Bashar, einer der Ältesten, als Anführer auftrat. Die Unternehmungen der Gruppe sahen äußerlich nach munterem Jugendleben aus, doch de facto waren sie alles andere als harmlos. Die Kids konsumierten nicht nur fleißig Drogen, sie dealten auch damit und ließen auf der Straße gelegentlich was mitgehen; später vor Gericht ist sogar von mehreren Raubüberfällen die Rede.

Ali Bashar war in erster Linie an den deutschen Mädchen interessiert. Sie reizten ihn besonders, wenn sie blutjung und sexuell unerfahren werden – „Schlampen, die noch keiner hatte“, so nannte er sie. Um an solche Mädchen heranzukommen, setzte er gern mal seine niedlichen jüngeren Brüder als Lockvögel ein. So geriet auch die 14-jährige Susanna Feldmann aus dem benachbarten Mainz in den Dunstkreis der Flüchtlingsclique. Sie kam selbst aus einer zugewanderten Familie: Ihre Mutter war Moldawierin und Jüdin – ein Faktum, das in der Berichterstattung weitgehend verschwiegen wurde wie ein Geheimnis. Doch es scheint tatsächlich für den Mordfall keine Rolle gespielt zu haben. Susanna soll ihre jüdische Herkunft vor Gleichaltrigen niemals thematisiert haben, so dass Ali Bashar nichts davon wissen konnte.

Susanna also lernte im Frühjahr 2018 an einem Kiosk ein paar Gleichaltrige aus der Flüchtlingsclique kennen und war auf Anhieb von ihnen begeistert. „Die sind so lieb! Die sind so cool!“, jubilierte sie vor ihrer Mutter. Am tollsten fand sie, dass die Kids mit Drogen dealten. Sie war in einem abenteuerlustigen Alter, und mit ihren Schulfreunden kam sie nicht klar. Während der letzten Wochen ihres Lebens ging sie nur noch sporadisch zur Schule, war dort unaufmerksam und bekam schlechte Noten. Jeden Nachmittag zog es sie unwiderstehlich ins Flüchtlingswohnheim, zu ihrer ersten eigenen Clique. Außerdem hatte sie sich verliebt, in Kejsi Zebari, einen jüngeren Bruder von Ali Bashar. Doch der interessierte sich nicht für sie oder durfte sich nicht für sie interessieren, denn Ali Bashar wollte Susanna, die genau seinem Beuteschema entsprach, in den eigenen Harem integrieren.

Das aber war nicht so einfach, denn Susanna hatte Angst vor Ali Bashar und beklagte sich, dass er sie dauernd „befummele“. Aber eines Abends im Mai 2018 gelang es ihm doch, sie abzuschleppen. Das Mädchen überlebte den Abend nicht. Zwei Wochen später fand man im Wald ihre Leiche. Susanna war vergewaltigt und erwürgt worden.

Was genau am Abend ihres Todes geschah, wurde von den Medien mit starken Abweichungen wiedergegeben und erscheint bis heute etwas nebulös. In der ersten Phase des Falles war von einer Vergewaltigung Susannas nicht allein durch Ali Bashar, sondern noch durch einen zweiten Mann die Rede. Doch dieser verschwand wieder in der Versenkung, ebenso wie ein weiterer Flüchtling, der zunächst beschuldigt worden war, Ali Bashar beim Vergraben von Susannas Leichnam geholfen zu haben. Am Ende wurde nur noch ein einziger Täter beschuldigt; doch diesen gab man in bisher nie gekannter Weise als Sex- und Mordmonster zum Abschuss frei. Die Medien zeichneten Ali Bashar als einen Mann, der ohne Regung vergewaltigt und mordet, als einen Psychopathen, der zur Einfühlung außerstande ist, als einen abstoßenden, charakterlosen, von Grund auf verdorbenen Menschen. Bis heute ist Ali Bashar der große Buhmann im Spektrum der ausländischen Kriminellen, deren Straftaten und Namen durch die deutschen Medien gingen. Die FAZ fand für ihn Berichtstitel wie „Keine Spur von Mitgefühl“ oder „Egozentrisch, manipulativ, empathielos“. Der Stern zitierte in einer seiner Überschriften die Mutter des Opfers: „Susanna geriet an einen durch und durch bösen Menschen“.

Im Auftrag des Landgerichts Wiesbaden, das über den Mord zu richten hatte, wurde ein psychologisches Gutachten zur Persönlichkeit Ali Bashars erstellt. Eine Fachärztin für Psychiatrie führte mehr als 15 Stunden lang Gespräche mit dem Angeklagten und förderte Abgründiges zutage. Zunächst diagnostizierte sie ihm eine „dissoziale Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Zügen“ – nun ja, ich bekenne meine Skepsis gegen derartige Termini, die auf den psychologischen Laien immer etwas schwammig wirken. Doch der größte Teil des Gutachtens kommt überhaupt nicht fachtechnisch daher, sondern ganz alltäglich konkret und mit einer moralischen Entrüstung, die in einem Fachtext ganz sonderbar wirkt. Hier werden einfach die Lebensansichten eines orientalisch (v)erzogenen jungen Mannes ausgebreitet, und die sind in der Tat geeignet, den deutschen Bürger und vor allem die deutsche Bürgerin auf die Palme zu bringen.

Ali Bashar wuchs in seiner irakischen Heimat als ältester Sohn der Familie auf, von der Mutter verhätschelt, von den Geschwistern angehimmelt und umdienert, ein kleiner Pascha, zum künftigen Herrn bestimmt. Er ging nur wenige Jahre zur Schule, aus Faulheit, wie im Gutachten behauptet wird – dabei hätte ihn seine Mutter buchstäblich bis vor die Schultür gefahren. Später nahm er einen Hilfsjob in einem Café an, aber arbeiten war nie sein Ding gewesen.

Daran änderte sich auch nichts, als Ali Bashar achtzehnjährig mit seiner Familie nach Deutschland kam. Im Gegenteil, der radikale Wechsel in eine grundsätzlich andere Welt, noch dazu genau in der Zeit der erwachenden Sexualität, tat dem verwöhnten, egozentrischen Jungen nicht gut. Im Nordirak hatte er sich den strengen Regeln des Islam unterwerfen müssen. In Deutschland fühlte er sich wie in einem gigantischen Schlaraffenland der Erotik, des Konsums und der Liberalität. Mädchen, Drogen, Alkohol, alles war leicht erreichbar und im Überfluss vorhanden. Wie nicht wenige jugendliche Flüchtlinge war Ali Bashar überzeugt, dass man es sich in einem Land wie diesem auch ohne Arbeit gutgehen lassen konnte. Einen Job, der ihm vermittelt wurde, schmiss er nach kürzester Zeit wieder hin, ebenso den obligatorischen Deutschkurs. Dafür schlief er bis zum Mittag, trank und kiffte mit seiner Clique am Platz der Deutschen Einheit oder im Kurpark und ließ sich von der Mutter bekochen, sogar noch spätnachts, wenn er endlich heimkam.

Und dann die deutschen Mädchen. Die musste man nicht heiraten, um Sex mit ihnen haben zu können. Sie waren auch so zu allem bereit. In diesen Jahren genoss Ali Bashar Deutschlands freizügigen Sex in vollen Zügen und tankte ein enormes Selbstbewusstsein als Herr und Meister eines kleinen Harems. Er hatte mehrere feste Freundinnen, und von jeder verlangte er absolute Treue, während er selbst sich völlig ungebunden fühlte. Wenn eine von ihnen widersprach oder nicht tat, was er erwartete, konnte er auch mal handgreiflich werden. Frauen standen für ihn per se auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe. Sie hatten zu den Männern aufzuschauen, sie zu bedienen und ihnen zu gehorchen; wo nicht, waren sie in seinen Augen Huren und Schlampen. „Ich hab doch nur ein Mädchen totgemacht“, soll er im Hinblick auf Susanna achselzuckend gesagt haben – ein Satz, der natürlich ein stürmisches Echo in der deutschen Presse fand.

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